Je nach Einzelfall knüpft das Gesetz an die Anmeldung von Eigenbedarf recht strenge Voraussetzungen. Wenn zum Beispiel ein altes Ehepaar nach mehreren Jahrzehnten seine Wohnung räumen soll, verlangen die Gerichte gewichtige Zugeständnisse zugunsten der Mieter.
Für manche Vermieter ist dies schwer nachzuvollziehen, doch Mieter, die in einer fremden Wohnung leben, dürfen sich laut Bundesverfassungsgericht ebenso auf die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes berufen, wie der Eigentümer selbst (Az. 1 BvR 208/93). Deshalb kann laut Gesetz ein Vermieter nur eine Kündigung aussprechen, wenn er dafür einen triftigen Grund hat – also beispielsweise die Immobilie für sich selbst nutzen will, oder die Räume als Wohnung für seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.
Hierbei stellt sich die Frage, wer zum Kreis der Familienangehörigen gehört oder was „Angehörige seines Haushalts“ sind. Relativ leicht lässt sich die Kündigung noch begründen, wenn der Eigentümer Haus oder Wohnung für sich selbst, seine Kinder, Geschwister oder Eltern braucht. Auch der Ehe- oder Lebenspartner wird von den Gerichten meist als besonders schutzwürdig eingestuft.
Schwieriger liegen die Dinge bereits, wenn der Eigentümer seinen Mieter für entferntere Verwandte oder sonstige „Angehörige seines Haushaltes“ vor die Tür setzen will. Bei solchen entfernteren Angehörigen muss „eine rechtliche oder zumindest moralische Verpflichtung des Vermieters zur Gewährung von Unterhalt oder sonstiger Fürsorge ihnen gegenüber hinzukommen, um ein berechtigtes Interesse an der Kündigung zu tragen“ (LG Frankfurt/M., Az. 2/17 S 196/01, 2-17 S 196/01).
Noch strenger sind die Maßstäbe, wenn es darum geht, die Wohnung für Personen räumen zu lassen, mit denen der Eigentümer nicht verwandt ist – etwa Pflegepersonal oder Haushaltshilfen. Es kann zwar durchaus als Eigenbedarf zu qualifizieren sein, um Eigentümer oder dessen Verwandte ausreichend zu versorgen, jedoch ist die Kündigung unwirksam, sofern im Haus noch eine andere geeignete Wohnung für das Pflegepersonal zur Verfügung steht. (LG Koblenz, Az. 6 T 102/07).
Außerdem ist ausschlaggebend, dass der Vermieter die Wohnung für sich – oder die genannten Personen „benötigt“. Und zwar im sprichwörtlichen Sinne. Es reicht nicht aus, wenn ein Vermieter den Wunsch verspürt, zur Abwechslung mal sein Eigentum zu bewohnen. Vielmehr muss er einen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund anführen, warum er die Räume künftig nicht mehr dem Mieter überlassen kann.
Die Liste der Urteile zu diesem Punkt ist lang. Für ausreichend halten es die Gerichte zum Beispiel, wenn ein Vermieter die Wohnung seiner Tochter zur Verfügung stellen will, die sich mit dem Gedanken trägt, eine Familie zu gründen (BVerfG, Az. 1 BvR 665/94).
Ob die Frau bereits schwanger ist – oder jemals schwanger werden wird, ist dabei irrelevant. Ebenfalls zulässig ist die Kündigung, wenn der Vermieter den Wunsch hat, in seinem eigenen Haus zu wohnen, um die Heizung zu warten und die Immobilie selbst verwalten zu können ( BGH, Az. RE VIII ARZ 4/87). Auch wer Wohnung und Arbeitsplatz im gleichen Haus unterbringen will, weil Kunden von der wohnlichen Umgebung positiv beeinflusst werden könnten, hat damit genügend Argumente, um einen Mieter an die Luft zu setzen. (BVerfG, Az. 1 BvR 2048/93).
Gleiches gilt, wenn der Vermieter eine eben erst gekaufte (noch vermietete) Wohnung als Altersruhesitz nutzen will (BGH, Az. RE VIII ARZ 4/87) oder eine Bleibe für das Au-Pair-Mädchen braucht, das seine minderjährigen Kinder betreut (BGH, Az. VIII ZR 127/08).
Rechtsmissbräuchlich hingegen ist die Anmeldung von Eigenbedarf, wenn im gleichen Haus eine andere oder mehrere vergleichbare Wohnungen leer stehen und der Vermieter dort einziehen könnte. In solchen Fällen braucht es schon sehr gute Argumente um darzulegen, warum ausgerechnet die gekündigte Mieterwohnung für die eigenen Zwecke benötigt wird. (BVerfG, Az. 1 BvR 416/90).
Der Eigenbedarf des Vermieters kann noch so eindeutig sein: Es gibt Konstellationen, in denen Mieter trotzdem in der Wohnung bleiben dürfen. Das ist immer dann der Fall, wenn „die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist." Unter diesen Voraussetzungen können Mieter ihrem Rauswurf wirksam widersprechen – und die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu den bisherigen Konditionen verlangen.
Um auf sich auf eine solche „unzumutbare Härte“ berufen zu können, genügt es allerdings nicht, dass ein Umzug für den Mieter kostspielig oder aufwändig wäre. Auch die Tatsache, dass der Nachwuchs womöglich auf eine andere Schule wechseln müsste, halten die Gerichte – so unerfreulich dies im Einzelfall auch sein mag - meist nicht für ausreichend.
Ist eine Mieterin schwanger, kann die Sache hingegen anders aussehen. Steht die Geburt zum Zeitpunkt der Kündigung unmittelbar bevor, ist der Frau ein Umzug mit einem Kleinkind zumindest dann nicht zumutbar, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass sich wegen der angespannten Lage am Wohnungsmarkt auf die Schnelle eine neue Bleibe auftreiben lässt (LG Stuttgart, Az. 16 S 378/90). Auch wenn das Mietverhältnis bereits seit mehr als 30 Jahren besteht und die Mieter alt und gebrechlich sind, kann ein erzwungener Umzug eine unbillige Härte bedeuteten (KG Berlin, Az. 8 U 288/03).
Und selbst junge Leute kommen zuweilen in den Genuss der Ausnahmeregelung. So entschied das Landgericht Aachen, dass ein Student, der mitten in seiner Diplomarbeit steckt, erst dann die Wohnung verlassen muss, wenn sein Studium beendet ist (LG Aachen, Az. 7 S 182/84).
Außerdem muss der Brief ausführlich darlegen, warum das Mietverhältnis enden soll – und weswegen der Eigentümer seine Wohnung selbst benötigt. Führt der Vermieter lediglich an, er bewohne derzeit eine "wesentlich kleinere Wohnung", als die, die er seinem Mieter bislang überlassen habe, liegt darin keine ausreichende Begründung.
Wenn alle Stricke reißen und die Wohnung für den Mieter verloren ist, hat der Mieter vielleicht noch die Chance auf eine Aufhebungsvereinbarung, die zustande kommt, wenn der Vermieter beispielsweise die Wohnung möglichst bald beziehen möchte, aber die Kündigungsfrist wegen der langen Mietzeit noch etliche Monate betragen würde. Ein Aufhebungsvertrag könnte dann so aussehen, dass der Mieter bereits vorher auszieht und der Vermieter im Gegenzug die Umzugskosten übernimmt und auf Schönheitsreparaturen des Mieters verzichtet. (LG Mannheim, Az. 4 S 52/96)