Insolvenz der KTG Agrar SE – Anlegerschutz im Insolvenzverfahren und Schadensersatzansprüche für Anleger
Viele Anleger, die Geld in die Mittelstandsanleihe der KTG Agrar investiert haben, müssen nach der Insolvenz mit einem Ausfall und Totalverlust Ihrer Anlage rechnen. Auf jeden Fall sollten die Ansprüche beim Insolvenzverwalter angemeldet werden; derzeit läuft die Insolvenz in Eigenverwaltung. Die wirtschaftliche Situation der KTG Agrar stellt sich folgendermaßen dar: In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der KTG Agrar SE wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung in Eigenverwaltung angeordnet. Bereits die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat am 06.07.2016 darüber berichtet, dass schon im Jahr 2014 Restrukturierungsspezialisten in einer internen Untersuchung auf eigene Veranlassung gewarnt hätten, dass das Geschäftsmodell, zunächst Land anzukaufen und zu pachten, auf diese Weise zu wachsen und die steigende Verschuldung dann durch Landverkäufe wieder abzubauen, gewagt ist. Das Verschuldungsniveau des Unternehmens sei dieser Untersuchung nach nicht tragfähig und bereits 2014 war fraglich, ob das Unternehmen bis 2017, dem Zeitpunkt der Fälligkeit der damals noch nur 205 Millionen umfassenden Anleihe, in seine Kapitalstruktur hineinwachsen werde.
Anfang des Jahres 2016 war das Unternehmen mit 600 Millionen Euro verschuldet. Bereits am 6. Juni dieses Jahres konnte das Unternehmen die fälligen Anleihezinsen von 17,8 Millionen Euro nicht zahlen. Dies lässt einen effektiven Mangel an Liquidität offen zutage treten. Zum Jahresbeginn stand in der Bilanz nach Presseberichten noch 19,75 Millionen Euro an liquiden Mitteln sowie knapp 500.000,00 Euro an Wertpapieren zur Verfügung. Es gab offenbar keine Möglichkeit, die Liquidität kurzfristig zu beschaffen. In der Bilanz wurde zu Jahresbeginn in Anlagen und Immobilien ein Wert von 230 Millionen Euro ausgewiesen. So addieren sich nach eigenen Angaben Vorräte im Wert von mehr als 70 Millionen Euro. Dennoch war es dem Unternehmen nicht möglich, hieraus kurzfristig 18 Millionen Euro durch Verkauf oder Beleihung zu generieren.
Die Schadenersatzansprüche ergeben sich gegen Anlageberater und Vermittler wegen der fehlenden Aufklärung über die Insolvenz- und Verlustrisiken. Unser Mandant wurde über diese Gesichtspunkte nicht aufgeklärt. Insbesondere rügen wir, dass unser Mandant nicht darüber aufgeklärt wurde, dass ein Vorstand der KTG Agrar bereits im September 2002 vom Amtsgericht Dachau in jeweils zwei Fällen wegen Konkursverschleppung und Bankrotts verurteilt worden ist. Darüber hinaus gingen zwei weitere Unternehmen, in denen er als Geschäftsführer tätig war, in die Insolvenz.
Bei allen vier Unternehmen war der Insolvenzantrag mangels Masse abgelehnt worden. Dies ist ein aufklärungspflichtiger Umstand, der verschwiegen worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 09.07.2013, Aktenzeichen IIZ R 193/11, hätte ungefragt darauf hingewiesen werden müssen, dass bei der Geschäftsführer straffällig geworden war und bereits vier Unternehmen in die Insolvenz geführt hat. Der BGH hat festgehalten, dass diese Offenbarungspflicht besteht, wenn die abgeurteilten Straftaten nach Art und Schwere geeignet sind, ein Vertrauen der Anleger die Zuverlässigkeit der betreffenden Person zu erschüttern. Diese Entscheidung ist unserer Meinung nach unmittelbar auf die vorliegende Konstellation anwendbar.
Rechtsanwalt Christian Fiehl LLM, Fachanwalt für Versicherungsrecht